10 vor 11 vom 17.08.1998
"An der Tugend stirbt man, an der Wahrheit ohnehin"
"Die Prinzessin von Clèves", der erste und beste Roman der Welt
Eine große Dame Frankreichs schrieb heimlich einen Roman: "Die Prinzessin von Clèves". Dieser früheste Roman wurde nicht nur zu einem sensationellen Erfolg, sondern ist bis hin zu Marcel Proust und Heinrich von Kleist das Vorbild eines guten Romans über die Welt der Gefühle.
Eine junge Adelige folgt den Lehren ihrer Mutter: "Sei immer Du selbst, hebe Dich auf, Du sollst Deiner Natur folgen, Du sollst Verträge, insbesondere den Ehevertrag, halten". Das junge Mädchen weiß nicht, wie Liebe funktioniert. Sie heiratet einen Prinzen von Geblüt. Eines Tages begegnet ihr auf einem Hofball der Herzog von Nemours. Plötzlich weiß die Prinzessin, was Liebe ist. Nichts Schlimmes passiert. Sie will ihre wahren Gefühle vor ihrem Ehemann nicht verbergen. Daran stirbt er. Jetzt könnten die Liebenden heiraten. Sie aber fürchtet Eifersucht und geht ins Kloster.
Eine Sinfonie der Eigenliebe. Liebe ist als Rohstoff zur Treue ungeeignet. Es gehört aber zur Zivilisation, sagt Theodor W. Adorno, dass man auf diesem schwankenden Boden der Liebe dennoch Dauerhaftigkeit hervorbringt. Das wäre ein Zölibat wert.
Es berichtet Dr. Ulrike Sprenger, die Autorin des PROUST-ABC.