10 vor 11 vom 24.06.2002
Lustangst, Ende der Freiheit
Peter Mussbach inszeniert Franz Schreckers Meisterwerk DER FERNE KLANG
Es gibt in der Operngeschichte nur eine einzige Oper, die sich auf der Höhe von Sigmund Freuds Theorie bewegt. Zugleich beschreibt sie die ungeheure Energie, die in den Millionen kleinen Familien im Deutschland der Inflationszeit entstand, nämlich dann, wenn sämtliche libidinösen Kräfte und die Notwehr im wirtschaftlichen Überlebenskampf zusammenwirken. Hier entstehen die Eigenschaften, die man den Charakterpanzer nennt. Zugleich entsteht die Fernliebe. Ich kann das, was ich liebe, in meiner Nähe nicht ertragen. "Was ich liebe, muß fern sein, wie das Himmelreich". Für den glücklichen Alltag ist dies nichts Praktisches. Peter Mussbach hat die seit 1933 verschollene, erfolgreiche Oper DER FERNE KLANG von Franz Schreker in der Berliner Oper Unter den Linden neu inszeniert. Den in der Handlung der Oper abgebildeten Charakterpanzer nennt er eine Höllenmaschine. Sie bringt im Leben Unglück und in der Zeitgeschichte den Faschismus hervor.