10 vor 11 vom 13.02.2017
Calvin versus Luther
Dr. Görge Hasselhoff: Der Weg von der Genfer Kirchenzucht zu den Idealendes Westens
Der Genfer Reformator Johannes Calvin, Franzose und ursprünglich Jurist, bildet innerhalb der protestantischen Bewegung neben der Partei Luthers eine zweite, in Fragen des Abendmahls verschiedene und in der Art der Kirchenzucht von Luther abweichende Partei. Schon vor ihm hatten sich die Gegensätze der schweizerischen Reformation gegenüber der Wittenberger im Marburger Religionsgespräch als unüberwindbar erwiesen. Für Calvin ist – wie für Luther – Gott unbestechlich. Über Luther hinausgehend aber geht Calvin davon aus, dass Gottes Gnade willkürlich und im Voraus über die Menschen verteilt ist. Eine Ahnung davon, wen er liebt, lässt sich unter Umständen daraus erkennen, dass ein Mensch auf Erden durch Glück oder Vermögen belohnt wird.
Die Calvinsche Doktrin und Genfer Kirchenzucht besaß radikale Züge. Es gibt dort Hexenprozesse und die Verurteilung eines Arztes und Theologen zum Feuertod wegen abweichender theologischer Auffassung. Auf der anderen Seite haben sich die Calvinschen Ideen über die Niederlande, über Schottland und die englische Bewegung des Puritanismus in der Welt ausgebreitet und sind mit den Pilgervätern in die U.S.A. eingewandert. Stark modifiziert bilden sie dort ein wesentliches Stück im Selbstbewusstsein der U.S.A.: hohe Moralität und Freiheitsgedanke sind durch Calvins Lehre und Haltung gestützt.
Wie eng Reformation und Gegenreformation in ihren Wurzeln miteinander Verbindung hatten, zeigt sich darin, dass Ignazio von Loyola, der Protestant unter den Katholiken und Johannes Calvin, der Orthodoxe unter den Protestanten, gemeinsam an der Universität Paris studierten.
Der Historische Theologe Dr. Görge Hasselhoff berichtet.